Emissionsfaktoren: Methoden, Systemgrenzen und Berechnungen für Scope 1-3
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Die Qualität einer CO₂-Bilanz steht und fällt mit der Wahl der Emissionsfaktoren. Sie bilden – zusammen mit präzisen Aktivitätsdaten – die Grundlage für verlässliche Berechnungen im Corporate Carbon Footprint (CCF) und Product Carbon Footprint (PCF). Je nach Methode variieren Genauigkeit und Aufwand: Während finanzzahlenbasierte Faktoren eine einfache Erhebung ermöglichen, liefern lieferantenspezifische Faktoren die höchste Präzision. Auch die Systemgrenzen sind entscheidend, da sie definieren, welche Emissionen berücksichtigt werden. Dieser Artikel gibt einen Überblick über Methoden, Systemgrenzen und die CSRD-konforme Anwendung von Emissionsfaktoren und zeigt, wie Tanso Industrieunternehmen dabei unterstützt, Emissionen präzise und effizient zu berechnen.
Was ist ein Emissionsfaktor
Ein Emissionsfaktor ist eine Kennzahl, die angibt, wie viele Treibhausgase (z. B. CO₂, CH₄, N₂O) bei einer bestimmten Aktivität oder der Nutzung einer Ressource ausgestoßen werden. Er wird in der Regel als Masse der Emissionen pro Einheit einer Aktivität angegeben, beispielsweise in Kilogramm CO₂-Äquivalente (kg CO₂e) pro Kilowattstunde Energieverbrauch (kWh) oder pro Tonne Material. Emissionsfaktoren werden verwendet, um die CO₂-Bilanz von Prozessen, Produkten oder Unternehmen zu berechnen und um Emissionen entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu quantifizieren.
CO₂-Emissionsfaktor berechnen
Zur Berechnung stehen drei Methoden zur Verfügung, die jeweils auf spezifische Emissionsfaktoren zurückgreifen:
Finanzzahlenbasierte-Methode
Finanzzahlenbasierte Emissionsfaktoren berechnen die Emissionen auf Grundlage der pro Geldeinheit anfallenden Emissionen für eine bestimmte Tätigkeit. Diese Methode bietet den Vorteil einer einfachen Datenerfassung, da Emissionen direkt aus den finanziellen Ausgaben abgeleitet werden können. Allerdings ist die Genauigkeit begrenzt, da finanzielle Schwankungen und Preisunterschiede nicht direkt mit tatsächlichen Emissionen korrelieren.
Industriedurchschnitts-Methode
Industriedurchschnittsfaktoren werden genutzt, um die Emissionen pro Verbrauchseinheit einer bestimmten Aktivität zu berechnen. Diese Methode zeichnet sich durch eine hohe Genauigkeit aus, da sie auf branchenspezifischen Durchschnittswerten basiert, und erfordert gleichzeitig einen angemessenen Aufwand für die Datensammlung. Allerdings kann es in einigen Fällen an Verbrauchsdaten für spezifische Aktivitäten mangeln, was die Präzision der Berechnung einschränken kann.
Lieferantenspezifische-Methode
Lieferantenspezifische Emissionsfaktoren ermöglichen die Berechnung der Emissionen pro Verbrauchseinheit einer bestimmten Aktivität auf Basis direkt bereitgestellter Daten von Lieferanten. Diese Methode bietet die höchstmögliche Genauigkeit, da sie tatsächliche, unternehmensspezifische Werte nutzt, anstatt auf Durchschnittswerte zurückzugreifen. Allerdings ist die Verfügbarkeit solcher Faktoren begrenzt, da nur wenige Lieferanten eigene Emissionsfaktoren erfassen und bereitstellen können.
Systemgrenzen von Emissionsfaktoren
Systemgrenzen definieren, welche verschiedene Prozessschritte in den Emissionsberechnungen eines Produkts oder einer Aktivität berücksichtigt werden. In anderen Worten: Systemgrenzen ziehen die Grenze dafür, was in den Emissionsberechnungen eines Produkts oder Prozesses ausgeschlossen und was einbezogen wird. Gemäß dem GHG Protokoll sind Unternehmen verpflichtet, Daten für alle Prozesse innerhalb der Inventargrenze zu sammeln. Die Systemgrenze sollte alle zuschreibbaren Prozesse des Treibhausgasinventars, des Produkts oder der Aktivität umfassen. Das bedeutet, dass die Grenzen des Inventars eines Produkts oder einer Aktivität alle Prozesse umfassen sollten, die zu seinen Emissionen beitragen. Je nach Kontext können verschiedene Arten von Systemgrenzen verwendet werden.
Systemgrenzen für Produkte
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Cradle-to-Gate
Umfasst alle Emissionen von der Materialbeschaffung bis zu dem Zeitpunkt, an dem das Produkt das berichtende Unternehmen verlässt (in der Regel unmittelbar nach der Produktion). Die Verwendung des Endprodukts und das Ende des Lebenszyklus sind ausgeschlossen. Wenn eine Cradle-to-Gate Systemgrenze definiert ist, müssen Unternehmen dies im Inventarbericht offenlegen. Die genaue Erfassung der nachgelagerten Emissionen, also die Nutzung des Produkts und das Ende des Lebenszyklus, ist eine Herausforderung bei der Verwendung eines Emissionsfaktors, der Durchschnittswerte darstellen soll. Daher wird in der Regel Cradle-to-Gate als Systemgrenze verwendet.
Gate-to-Gate
Umfasst alle Emissionen, die nur "zwischen den Toren" (Gates) entstehen, also nur in der Produktionseinheit oder Bürogebäude des berichtenden Unternehmens. Emissionsfaktoren, die auf dieser Systemgrenze basieren, quantifizieren die Emissionen, die beim Produktionsprozess von bestimmten Produkten oder durch das Austreten von Kältemitteln aus den stationären und mobilen Kühlanlagen des berichtenden Unternehmens entstehen. Gate-to-Gate Grenzen schließen die Phasen der Materialbeschaffung, der Produktnutzung und der End-of-Life-Prozesse aus. Aus diesem Grund wird in Scope 1.4 nur der Austritt von Kältemitteln erfasst, nicht aber der Kauf von Kältemitteln, der in Scope 3.1 erfasst wird.
Cradle-to-Grave
Umfasst den gesamten Lebenszyklus eines Produkts, von der Materialbeschaffung bis zum Ende des Lebenszyklus. Sie beinhaltet alle Prozesse, die an der Herstellung, Nutzung und Entsorgung eines Produkts oder einer Aktivität beteiligt sind. Diese Abgrenzung ermöglicht eine umfassende Bewertung der Umweltauswirkungen während des gesamten Lebenszyklus.
Systemgrenzen für Energie, Verkehr und Fahrzeuge
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Well-to-Wheel (WTW)
Bezieht sich auf den ganzheitlichen Ansatz der Berechnung des Energieverbrauchs und der Treibhausgasemissionen eines Brennstoffs von der Herstellung über die Verteilung und Lieferung bis hin zur Verbrennung. Well-to-Wheel umfasst sowohl Well-to-Tank als auch Tank-to-Wheel.
Tank-to-Wheel (TTW)
Bezieht sich auf den Energieverbrauch und die Treibhausgasemissionen von der Übertragung des Brennstoffs zur Verbrennungsquelle, wie z. B. dem Brenner, dem Motor oder dem Fahrzeug, bis zum Moment der Nutzung (Brennstoff- oder Stromverbrauch).
Well-to-Tank (WTT)
Bezieht sich auf eine Methode zur Berechnung des Energieverbrauchs und der Treibhausgasemissionen von der Herstellung eines Brennstoffs (Benzin, Diesel, Strom, Erdgas) bis zum Zeitpunkt der Kraftstofflieferung.
Relevanz von Scope 1-3
- In Scope 1 können für Treibstoffe überregionale Emissionsfaktoren verwendet werden, da der geografische Verbrauchsort keine entscheidende Rolle spielt (z. B. Diesel, Benzin). Allerdings erfordert die CSRD eine detaillierte Offenlegung der Zusammensetzung, einschließlich des Anteils fossiler und erneuerbarer Energieträger
- Für Scope 2 sind regionale Emissionsfaktoren sowie die lieferantenspezifischen Daten des Stromanbieters verpflichtend, da dies eine CSRD-Anforderung ist. Tanso stellt hierfür länderspezifische Durchschnittsdaten bereit, die eine fundierte Berechnung ermöglichen. Ergänzend kann ein Fachartikel zu Stromfaktoren weitere Einblicke bieten.
- In Scope 3, insbesondere im Einkauf, entstehen die meisten Emissionen. Eine mengenbasierte Bilanzierung ist dabei essenziell, ebenso wie die enge Zusammenarbeit mit Lieferanten, um Emissionen gezielt zu reduzieren.
Auch die Regionalität spielt eine entscheidende Rolle, da sich Emissionswerte je nach Herkunftsland erheblich unterscheiden – beispielsweise weist Stahl aus China eine deutlich andere CO₂-Bilanz auf als Stahl aus Deutschland. Tanso stellt hierfür granulare Industriewerte bereit, wobei die Nutzung lieferantenspezifischer Daten für eine noch präzisere Berechnung vorzuziehen ist.
Emissionsfaktormapping in Tanso
Tanso bietet Zugriff auf eine Vielzahl hochwertiger Datenbanken, darunter DBEIS, AIB, BAFA, IDEMAT, Ökobaudat und weitere. Bei Bedarf kann das System flexibel um eigene Daten, Lieferantendaten oder kommerzielle Datenbanken ergänzt werden, um maßgeschneiderte Lösungen zu ermöglichen.
Das Berechnungsmodell von Tanso, einschließlich der Emissionsfaktoren für Scope 1, 2 und 3, ist vollständig gemäß den Anforderungen des GHG-Protokolls und der ISO-Standards zertifiziert. Für Scope 1 und Scope 2 setzt Tanso auf speziell für die CSRD-Anforderungen optimierte Emissionsfaktoren, die eine automatische und präzise Berechnung standortbasierter Emissionen sowie die Berücksichtigung von Energieträgermixen ermöglichen. Dank KI-gestütztem Mapping lassen sich relevante Emissionsfaktoren effizient zuordnen, was den Berechnungsprozess erheblich vereinfacht.
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Ein weiteres zentrales Feature ist die Kompatibilität mit PCF-Berechnungen, wodurch eine konsistente Methodik entlang der gesamten Wertschöpfungskette gewährleistet wird. Zudem bietet Tanso voll versionierte Emissionsfaktoren, die regelmäßig aktualisiert werden und eine auditkonforme Nachverfolgbarkeit ermöglichen. Darüber hinaus ist in einer Beta-Version bereits möglich, Lieferantendaten direkt über Tanso abzufragen. Dies erleichtert die Kommunikation mit Lieferanten und ermöglicht eine nahtlose Integration spezifischer Emissionswerte in die Berechnungen.