Scope 3 Kategorien und Best Practices für Industrieunternehmen
Scope 3 Emissionen umfassen die indirekten Emissionen entlang der Wertschöpfungskette, die nicht direkt vom Unternehmen kontrolliert werden, wie z.B. vorgelagerte Lieferantenprozesse oder die nachgelagerte Nutzung der Produkte. Für Industrieunternehmen sind Scope 3-Emissionen besonders relevant, da sie einen Großteil der CO2-Bilanz ausmachen und indirekte Emissionen entlang der gesamten Wertschöpfungskette umfassen. Unternehmen stehen vor der Herausforderung, Daten von Lieferanten und Kunden zu sammeln, um nachhaltige Entscheidungen zu treffen und regulatorische Anforderungen wie das Greenhouse Gas Protocol (GHG Protocol) zu erfüllen. Dieser Artikel gibt einen Überblick über die 15 Scope-3-Kategorien, die für die industrielle Produktion relevant sind, und erläutert Best Practices für deren Überwachung und Reduzierung.
Was sind Scope 3 Emissionen?
Im Gegensatz zu Scope 1 (direkte Emissionen aus eigenen Anlagen) und Scope 2 (Emissionen aus eingekaufter Energie) umfassen Scope 3 Emissionen die gesamte Wertschöpfungskette eines Unternehmens - von den Prozessen der Lieferanten bis hin zur Nutzung und Entsorgung der Produkte durch die Kunden. Diese Emissionen sind oft komplexer zu erfassen und machen den größten Teil der CO2-Bilanz von Industrieunternehmen aus.
Lesen Sie mehr über Scope 1 & 2 in unserem Artikel “Was sind Scope 1, Scope 2 und Scope 3 CO2-Emissionen?”
Überblick über die 15 Scope-3-Kategorien des Greenhouse Gas Protocol
Das Greenhouse Gas Protocol (GHG Protocol) definiert 15 Scope 3 Emissionskategorien, die entlang der gesamten Wertschöpfungskette eines Unternehmens erfasst werden müssen. Diese sind wiederum unterteilt in:
- Upstream-Emissionen (vorgelagerte Aktivitäten) entstehen, bevor die Produkte das Unternehmen erreichen, z. B. bei der Herstellung von Rohstoffen, bei Zulieferprozessen oder beim Transport.
- Downstream-Emissionen (nachgelagerte Aktivitäten) entstehen nach dem Verkauf, z.B. bei der Nutzung und Entsorgung der verkauften Produkte durch die Kunden.
Da Scope 3-Emissionen häufig bis zu 75% der Gesamtemissionen eines Unternehmens ausmachen, ist ihre Erfassung für die Einhaltung von Nachhaltigkeitsstandards und regulatorischen Anforderungen entscheidend. Mit seinen 15 Kategorien bietet das GHG Protocol einen klaren Rahmen, der es Unternehmen ermöglicht, diese Anforderungen zu erfüllen und die Umweltauswirkungen ihrer gesamten Aktivitäten, einschließlich indirekter Emissionen, zu reduzieren.
Diese Kategorien decken ein breites Spektrum von Aktivitäten entlang der gesamten Wertschöpfungskette ab und bieten eine umfassende Grundlage für die Berichterstattung. Änderungen oder Ergänzungen können sich jedoch in Zukunft ergeben, wenn sich Berichtsstandards und regulatorische Anforderungen weiterentwickeln. Es lohnt sich, die aktuellen Entwicklungen im Auge zu behalten.
Für Industrieunternehmen besonders relevante Scope-3-Kategorien
Industrieunternehmen mit ihren komplexen Lieferketten und Produktionsprozessen sind besonders von den folgenden Scope-3-Kategorien betroffen, die einen wesentlichen Teil ihrer CO2-Bilanz ausmachen:
- Eingekaufte Güter und Dienstleistungen (3.1): Diese Kategorie umfasst die Emissionen, die durch die Herstellung und den Transport von eingekauften Materialien und Dienstleistungen entstehen. Für Industrieunternehmen kann diese Kategorie einen großen Teil der Emissionen ausmachen, da sie Rohstoffe wie Stahl, Kunststoff und Holz umfasst. Die Berechnung kann nach verschiedenen Methoden erfolgen, darunter die lieferantenspezifische Methode, die mengenbasierte Methode und die finanzbasierte Methode. Besonders wichtig ist es, auch Materialien zu erfassen, die im Berichtszeitraum nicht verbraucht wurden.
Mehr zu diesem Thema erfahren Sie in unserem Webinar “CO2-Bilanz im Einkauf: Scope 3.1 und CBAM verstehen” - Brennstoff- und energiebezogene Emissionen (3.3): Diese Kategorie umfasst die vorgelagerten Emissionen von Brennstoffen und Energie, die nicht unter Scope 1 oder 2 fallen. Dazu gehören Emissionen, die bei der Gewinnung, dem Transport und der Verteilung von Energie entstehen, wie z.B. Übertragungsverluste bei Strom. Dies ist vor allem für energieintensive Branchen wie die Metall- oder Chemieindustrie relevant. Auch erneuerbare Energien müssen hier bilanziert werden.
- Transport und Logistik (3.4 & 3.9): Scope 3.4 umfasst die Emissionen aus dem Transport von Materialien innerhalb der Lieferkette, während Scope 3.9 die Emissionen nach dem Verkauf der Produkte erfasst. Unternehmen, die auf globalen Märkten tätig sind, müssen diese Transportemissionen berücksichtigen. Die Erfassung kann anhand von Entfernungsdaten, Gewicht oder Transportart erfolgen. Beispielsweise verursachen Bahn- oder Schiffstransporte deutlich weniger Emissionen als Flugtransporte.
- Abfall (3.5): Diese Kategorie umfasst Emissionen, die bei der Entsorgung von Abfällen aus der Produktion entstehen. Je nach Entsorgungsweg (Deponierung, Verbrennung oder Recycling) variieren die Emissionen stark. Für Industriebetriebe mit großen Abfallmengen ist dies besonders relevant, da durch die Optimierung der Entsorgungswege erhebliche Emissionsreduktionen erzielt werden können.
- Geschäftsreisen und Pendeln (3.6 & 3.7): Geschäftsreisen verursachen erhebliche Emissionen, insbesondere wenn Flüge oder Mietwagen genutzt werden. Diese Emissionen müssen detailliert erfasst und mit entsprechenden Emissionsfaktoren bewertet werden. Der Arbeitsweg der Mitarbeitenden (7) umfasst die Emissionen, die durch den Arbeitsweg entstehen, unabhängig davon, ob dieser mit öffentlichen Verkehrsmitteln, Privatfahrzeugen oder durch Telearbeit zurückgelegt wird. Industrieunternehmen sollten ihre Mitarbeitenden regelmäßig befragen, um diese Emissionen zu erfassen.
- End-of-Life Treatment verkaufter Produkte (3.12): Diese Kategorie umfasst Emissionen, die entstehen, wenn verkaufte Produkte am Ende ihrer Lebensdauer entsorgt oder recycelt werden. Dies betrifft Unternehmen, die langlebige Produkte herstellen, wie z.B. Maschinen oder Bauprodukte, die über Jahre oder Jahrzehnte in Gebrauch sind. Entsorgungsmethoden wie Recycling oder Verbrennung haben einen großen Einfluss auf die Höhe der Emissionen.
Best Practices für Industrieunternehmen & konkrete Handlungsempfehlungen für Scope 3 Emissionen
Herausforderungen bei der Erfassung von Scope 3 Emissionen in der Industrie
Die Erfassung von Scope-3-Emissionen ist komplex, da sie die gesamte Lieferkette umfasst und Daten von vielen Lieferanten benötigt werden. Häufig fehlen genaue Emissionsdaten von Lieferanten und Kunden, was die Zusammenarbeit erschwert. Die Datenverfügbarkeit ist insbesondere für nachgelagerte Kategorien gering, da diese weiter vom Unternehmen entfernt sind, was zu Schätzungen und ungenauen Daten führt.
Was sollte in Scope-3 erfasst werden?
Aufgrund der beschriebenen Komplexität sollten sich Industrieunternehmen insbesondere auf relevante Scope-3-Kategorien wie eingekaufte Waren, Brennstoffemissionen und Logistik konzentrieren.
Konkrete Handlungsempfehlungen für Industrieunternehmen hinsichtlich Berichterstattung & Reduktion von Scope 3 Emissionen
Um optimal auf die Erfassung & Berichterstattung von Scope 3 Emissionen vorbereitet zu sein, können bereits präventive Maßnahmen eingeführt und Best Practices umgesetzt werden.
- Product Carbon Footprints (PCFs) von Lieferanten einfordern, um die Datenqualität zu verbessern.
- Mengenbasierte Methoden bevorzugen und verfügbare Daten über eingekaufte Materialien nutzen.
- Lieferkettenpartnerschaften stärken, um gemeinsam Reduktionsziele zu erreichen.
- Transporte optimieren, indem emissionsarme Transportmittel wie Schiff oder Bahn genutzt werden.
- Fokus auf nachhaltige Entsorgungswege wie Recycling oder Kompostierung, um End-of-Life Emissionen zu minimieren.
Wie Tanso die Komplexität der CO2-Berichterstattung reduziert
Tanso bietet eine Softwareplattform, die Industrieunternehmen bei der Verwaltung ihrer Scope 1, Scope 2 und Scope 3-Emissionen unterstützt und die Einhaltung von Vorschriften wie der CSRD und dem GHG-Protokoll sicherstellt.
- Automatisierte Datenerfassung: Erfassung von Emissionsdaten in verschiedenen Formaten (z. B. CSV, Excel) vereinfacht den Prozess, reduziert den manuellen Aufwand und erhöht die Genauigkeit.
- Auswahl von Emissionsfaktoren: Zugriff auf eine umfassende Datenbank mit branchenüblichen und spezifischen Emissionsfaktoren für genaue Berechnungen.
- Auditfertige Berichte: Berichte, die internationalen Standards entsprechen und Audits sowie Stakeholder-Kommunikation erleichtern.
- Erweiterte Analysen: Verfolgen von Emissionszielen, Identifizierung von Hotspots und datengestützte Entscheidungen zur Verbesserung der Nachhaltigkeit.
Ausblick: Warum die Erfassung von Scope 3 Emissionen für die Zukunft der Industrie entscheidend ist
Die Erfassung von Scope-3-Emissionen wird immer wichtiger, da regulatorische Entwicklungen wie die EU-Taxonomie und die CSRD strengere Anforderungen an die Berichterstattung stellen. Darüber hinaus wächst der Druck von Stakeholdern und Investoren, die Transparenz und Nachhaltigkeit fordern. Unternehmen, die ihre Scope-3-Emissionen erfassen und veröffentlichen, verschaffen sich durch eine transparente Nachhaltigkeitsberichterstattung einen Wettbewerbsvorteil, der bei Kunden, Investoren und Geschäftspartnern Vertrauen schafft und langfristig zur Zukunftssicherung beiträgt.
Häufig gestellte Fragen zu Scope 3-Emissionen
Wie viele Scope 3 Kategorien gibt es?
Es gibt 15 Scope-3-Kategorien, die indirekte Emissionen entlang der Wertschöpfungskette eines Unternehmens erfassen.
Was sind Treibhausgasemissionen der Kategorie 3?
Das sind alle indirekten Emissionen, die nicht unter Scope 1 (direkte Emissionen) oder Scope 2 (gekaufte Energie) fallen. Sie entstehen durch Aktivitäten wie Transport, Produktion oder die Nutzung von Produkten.
Was sind Scope 1, 2 und 3 Emissions?
Scope 1: Direkte Emissionen aus eigenen Quellen (z. B. Verbrennung).
Scope 2: Emissionen durch eingekaufte Energie (z. B. Strom).
Scope 3: Indirekte Emissionen entlang der Lieferkette und des Produktlebenszyklus.
Was ist ein Beispiel für eine CO2-Emission der Kategorie 3?
Ein Beispiel wäre die Emission, die durch den Transport eingekaufter Materialien entsteht, bevor sie das Unternehmen erreichen (Scope 3.4).
Warum sind Scope-3-Emissionen schwer zu messen?
Weil sie auf Daten von Dritten (Lieferanten und Kunden) basieren, die oft schwer zugänglich oder unvollständig sind.
Was sind Upstream-Scope-3-Emissionen?
Das sind Emissionen, die vor dem Unternehmen in der Lieferkette anfallen, wie z. B. bei der Herstellung oder dem Transport von Rohstoffen.
Ist Scope 3 verpflichtend?
Die Erfassung von Scope 3 Emissionen ist in vielen Ländern durch Richtlinien wie die EU-Taxonomie oder die CSRD verpflichtend.
Was bedeutet Scope 3 Upstream?
Das umfasst alle Emissionen, die vor dem Unternehmen entlang der Lieferkette entstehen, z. B. bei Zulieferern.
Was ist Scope 3 Downstream?
Diese Emissionen entstehen nach dem Verkauf der Produkte, z. B. durch die Nutzung der Produkte durch den Kunden.
Was ist der Unterschied zwischen Upstream- und Downstream-Transport?
Upstream-Transport: Transport der Materialien von den Lieferanten zum Unternehmen.
Downstream-Transport: Transport der Produkte vom Unternehmen zu den Kunden.
Was sind Scope 4 Emissions?
Scope 4 Emissionen existieren noch nicht offiziell als Standard, sie könnten zukünftige Kategorien zur Vermeidung von Emissionen umfassen, z. B. durch Einsparungen.